Julian Siewert ist eigentlich hauptberuflich als Surfblogger tätig. Jetzt hat er aber noch den Surfguide Portugal herausgebracht, der sich speziell an die Bedürfnisse deutscher Surfer richtet. Wir hatten sieben Fragen an ihn.
1. Was macht Portugal zur perfekten Surfdestination für dich?
Die wirklich absolut perfekte Surfdestination gibt es leider nur in Surfmagazinen oder in Surf-Movies. Im echten Leben bestehen Surftrips doch immer noch mehr aus Erkundungstouren und nicht ganz so perfekten Surfbedingungen als den meisten lieb ist. In Portugal ist das leider auch nicht anders. Was mir an der über 1.000 Kilometer langen Atlantikküste Portugals aber besonders gefällt, sind die fast schon paradiesischen Bedingungen für einen Surftrip im Bulli. Fast überall kannst du wild campen und ungestört direkt am Surfspot übernachten. Morgens bist du dann der Erste in den Wellen. Außerdem gibt es etliche deutsche sowie internationale Surfcamps, die selbst im Winter noch Saison haben. Dazu kommen die günstigen Lebenshaltungskosten und die kaum besiedelte Küste, so dass es sich als reisender Surfer am Südwestzipfel Europas sehr gut aushalten lässt.

2. Es gibt schon einige Surfguides, in denen auch Portugal detailliert beschrieben wird. Was macht deinen Guide anders?
Von den etablierten englischsprachigen Surfguides unterscheidet sich mein Surfguide Portugal insbesondere darin, dass er sich speziell an Surfanfänger und Intermediates aus Deutschland richtet, die sich an unbekannten Surfspots schnell mal überfordert fühlen. Auf gut 160 Seiten erfahren deutsche Urlaubssurfer nun so ziemlich alles, um in Portugals Wellen eine richtig gute Zeit zu haben. Die Idee hatte ich eigentlich schon vor vielen Jahren, weil ich etwas Vergleichbares für meine ersten Surftrips nach Portugal vergeblich gesucht habe. Später habe ich dann auf meinen Reisen ständig Leute getroffen, die vollkommen ratlos am Surfspot herumstanden. Daher war es an der Zeit, endlich loszulegen.

3. Für den Fall, dass man noch nie in Portugal surfen war und Anfänger ist: Wo wäre der perfekte Spot?
Die passenden Wellen für die eigene Könnensstufe zu finden, ist schon fast eine Wissenschaft für sich. Denn die Wellen sind jeden Tag anders, und daher gibt es den perfekten Anfängerspot per se auch nicht. Empfehlen würde ich trotz der recht großen Bekanntheit dennoch die Strände am Anfang der Baleal-Halbinsel bei Peniche. Dort gibt es einfach bei fast jeder Wind- und Wellenrichtung gute Optionen für Surfanfänger. Aber auch Arrifana ist wegen der extrem windgeschützten Lage und der Abdeckung bei größeren Swells eine gute Wahl.
4. Für den Fall, dass man noch nie in Portugal surfen war und Intermediate ist: Wo wäre der perfekte Spot?
Den einen perfekten Spot gibt es leider auch für Intermediates nicht. Wichtig ist aber, zur richtigen Zeit nach Portugal zu reisen. Für Intermediates und fortgeschrittene Surfer sind die Sommermonate in Portugal nämlich oft eine Enttäuschung. Zwar gibt es Wellen und auch viel Sonnenschein, der ständige Onshore macht die Chancen auf cleane Surfbedingungen aber oft zunichte. Die beste Zeit für einen Surfurlaub in Portugal ist daher die Zeit von September bis November. Dann ist das Wasser deutlich wärmer als im Frühjahr, die Swells rollen sehr konstant an die Küste und die Lineups sind nicht mehr so voll. Gut ist auch, dass dem Nortada, dem ständigen Nordwind an Portugals Küste, ab Ende August allmählich die Puste ausgeht.

5. Du hast in deinem Guide ein ganzes Kapitel dem Thema „Bullis“ gewidmet. Verrätst du uns deinen Lieblingsstehplatz mit Lieblingssurfspot?
Wie anfangs schon erwähnt, liebe ich Portugal vor allem wegen der vielen schönen Stellplätze für den Bulli. Ein Surftrip im Bulli oder Campingbus ist für mich einfach die mit Abstand beste Form, um neue Surfspots zu entdecken und ein so vielseitiges Surfreiseziel wie Portugal auf eigene Faust zu erkunden. Mich auf einen einzigen Stellplatz festzulegen ist aber schwer. Großartig finde ich zum Beispiel den Platz neben der alten Festung am Praia do Guincho in der Gegend von Lissabon. Und an der Algarve stehe ich am liebsten am Surfspot vom Ponta Ruiva.

6. Wann hast du Portugal für dich entdeckt?
Wann mein erster Surfurlaub in Portugal war, weiß ich noch genau: im September 2001. Damals war ich mit meinen Surfbuddies auf einem wunderbaren Bulli-Trip. Wir sind die komplette portugiesische Küste von Nord nach Süd abgefahren und dann wieder zurück.
Seither bin ich jedes Jahr für einige Wochen zurückgekehrt. Zuletzt war ich dieses Jahr im Mai in Ericeira, und im Oktober steht die nächste Reise nach Lissabon an. Mehr Gründe, warum Portugal für mich so genial ist, erfahrt ihr hier.

7. Wie hat sich Portugal in den letzten Jahren verändert, seit du das erste Mal dort warst?
Ich habe das Gefühl, dass zwar immer mehr junge Leute mit dem Surfen anfangen, aber nur die wenigsten dann auch wirklich den Biss haben, um über das Anfänger-Niveau hinauszukommen. Das Verhältnis von Surfcamp-Urlaubern zu Freesurfern hat sich in den letzten Jahren dadurch etwas verschoben. Während die Surfcamps immer voller werden, hat sich die Anzahl der auf eigene Faust reisenden Surfer nicht gravierend erhöht. Auch Intermediates entscheiden sich immer häufiger für die bequeme Rundumversorgung in einem Surfcamp. Passionierte Surfer mit Entdecker-Gen und Bock auf echte Surfabenteuer trifft man daher leider immer seltener.

PS: Ende Oktober veranstaltet Julian ein kleines Surf-Work-Retreat im Surf Office Lissabon. Auf diesem einwöchigen Co-Working und Co-Living Event können sich die Teilnehmer von surfenden Professionals inspirieren lassen und ihr eigenes kleines Business mit Surfbezug an den Start bringen. Wer Lust darauf hat, erfährt hier mehr.