Interview Quirin Rohleder und Janina Zeitler: Niemals in der Geschichte Bayerns wurden menschliche Grundrechte derart flächendeckend und radikal ausgesetzt. Covid-19 hat auch vor der Rapid Surf League keinen Halt gemacht.
Wir haben uns mit einem der Gründer, Qurin Rohleder, und der Athletin Janina Zeitler zusammengesetzt und mit ihnen über die Zukunft des Rapid Surfens, fehlendes Taschengeld und den Garten der Schwiegereltern gesprochen.
Interview: Quirin Rohleder und Janina Zeitler
In nur einem Wort: was war dein erster Gedanke als die Rapid Surf League abgesagt wurde?
Janina: „Schade“. Ich war schon sehr enttäuscht, als die Nachricht bezüglich der Absage der Rapid Surf League für 2020 kam. Die Tour ist immer ein Highlight, weil die Wettkämpfe sportlich gesehen sehr anspruchsvoll sind und Spaß macht es auch noch, da die ganze Surf Community zusammenkommt.
Auch das Medieninteresse ist immer sehr groß, was für mich sehr wichtig ist, um für Sponsoren interessant zu bleiben. Allerdings finde ich die Absage richtig und ein gutes Signal in Zeiten von Corona. Im Moment ist es aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht vertretbar, solche Veranstaltungen durchzuführen. Sportlich ist es trotzdem eine große Enttäuschung.
Aber du hast dir über Preisgelder auch ein nettes Taschengeld dazu verdient. Macht sich das in der Reisekasse bemerkbar?
Janina: Natürlich waren die Preisgelder für mich schon eine sehr gute Möglichkeit, um das Reisebudget etwas aufzubessern. Für meine Reisen zu Contest, Startgebühren, Coachings und für Trainingsaufenthalte entstehen doch immer hohe Kosten.
Auch Surfreisen ans Meer fallen momentan aus. Bleiben dir deine Sponsoren trotz Content-Stop treu?
J: Ich leide schon sehr darunter, dass ich momentan nicht mehr aufs Wasser kann, da fehlt schon ein wichtiger Teil in meinem Leben. Meine Sponsoren unterstützen mich bis jetzt weiterhin, worüber ich auch wirklich sehr dankbar bin. Natürlich hoffe ich, dass das trotz der momentanen Situation auch so bleibt, denn natürlich weiß ich, dass die Firmen, auch in der Surf Branche, momentan sehr zu kämpfen haben.
Das betrifft aber alle Surfer, es ist ja nicht so, dass nur ich auf dem Trockenen sitze, sondern überall auf der Welt sind die Strände gesperrt und das Surfen verboten.
Ihr habt die RSL für dieses Jahr komplett abgesagt. War diese Entscheidung alternativlos oder war auch eine Verschiebung im Gespräch?
Q: Wir haben lange über Verschiebungen nachgedacht. Aber wir müssen ja nicht nur ein Event verschieben, sondern drei. Zwei davon (Mailand und Langenfeld) finden unter freiem Himmel statt. In den Sommerferien macht ein Event in Mailand keinen Sinn, denn die Location möchte ja auch Publikum, aber im Sommer ist Mailand halt ausgestorben. Aber wie Janina schon gesagt hat, war es für uns, nachdem wir uns mit unseren Partnern zusammen gesetzt haben, recht schnell klar, dass eine Absage die einzig richtige Entscheidung ist.
Werden eure Partner auch 2021 mit an Board sein oder starten die Verhandlungen neu?
Das hoffen wir natürlich sehr. Mit Pure Surfcamps, unserem Titelsponsor, haben wir eine sehr gute Beziehung und wir sind im ständigen Austausch. Und wir wissen, dass auch G-Shock darauf brennt, dass es mit der RSL bald wieder weiter geht. Ich glaube wir können momentan nur hoffen, dass wir so schnell wie möglich wieder zu Normalität zurück finden.
Könnte der Coronavirus der Todesstoß für die RSL sein?
Nein, überhaupt nicht. Auch wenn gerade alles brach liegt, führen wir super interes-sante Gespräche. Die RSL wurde für 2020 zwar abgesagt, aber wir planen auch die-ses Jahr noch ein Specialty-Event. Wie dieser aussieht, das wissen wir noch nicht zu 100%, aber wir haben viele Ideen. Und bei Christians (Christian Bach, Anm.d.Red) Kreativität wird das sicher eine coole Geschichte.
Das Konzept “Surfpro” gibt es in Deutschland bis Dato nur im Verbindung mit einer Förderung durch den DWV und ist, wenn man ehrlich ist, meistens Expat Kindern vorbehalten die am Meer aufgewachsen sind. Glaubt ihr dass sich das mit wachsender Surfinfrastruktur in Deutschland (Stehende Wellen, Wavepools) bald ändern wird und wir auch den ein oder anderen wirklich deutschen Freesurfer sehen, der davon Leben kann?
J: Leider trifft es in Deutschland schon zu, dass die Sportlerförderung im Bereich Surfen sehr begrenzt ist. Die nur wenig zur Verfügung stehenden Plätze sind im Moment ausschließlich an Surfer vergeben, die im Ausland aufgewachsen sind, oder fest am Meer wohnen. Sie haben natürlich die entsprechenden Trainingsmöglichkeiten Vorort und können somit wesentlich mehr Zeit auf dem Wasser verbringen.
Diese Kader Athleten haben natürlich alle Deutsche Wurzeln und somit auch die Berechtigung für Deutschland zu starten. Ich bin fest davon überzeugt, dass es in Deutschland durch die neu wachsende Surf Infrastruktur viel mehr Surfer geben wird, die durchaus so gut werden können, dass eine Surfkarriere möglich wäre. Ich persönlich sehe in der Kombination aus beiden Disziplinen (Rapid Surfen und Open Water Surfen) eine große Möglichkeit, um eine Basis zu schaffen, den Sport professionell zu betreiben.
Q: Als ich noch Wettkämpfe am Meer gesurft bin, lang lang ist’s her, war das auch schon so. Ich bin immer zweiter geworden, ha ha ha, weil entweder Thomas Lange, Marlon Lipke oder auch mal Alfred Kröger aus Südafrika vor mir gelandet sind.
Aber ich hatte über meine zweiten Plätze immerhin die Möglichkeit bei ISA World Games oder Europameisterschaften mit dabei zu sein. Heute ist das für in Deutschland aufgewachsenen und lebende Surfer natürlich viel schwieriger. Auf der anderen Seite sieht man, dass man es trotzdem weit bringen kann, wenn man hart arbeitet. Janina, Rosina und Valeska sind die besten Beispiele. Und dass ein Verband immer nach den im internationalen Vergleich besten Surfern sucht, ist natürlich auch verständlich.
Deswegen versuchen wir ja auch über die Rapid Surf League eine Struktur aufzubauen, über die man auch als in Deutschland lebender Surfer ein bisschen Geld verdienen kann. Letztendlich glaube ich, dass die Top Rapid Surfer vor allem aus Deutschland in naher Zukunft auch die Anerkennung bekommen, die sie verdienen und dass Sponsoren sowohl in Deutschland als auch in Europa das Potential sehen werden. Es gibt auch schon interessante Entwicklungen, die von staatlicher Seite angedacht sind. Dazu kann ich jetzt noch nicht konkret werden, aber es sieht gut aus.

Apropos Expats: du hast Rachel Presti und Frankie Harrer (korrigier mich hier bitte wenn ich die Namen durcheinander bringe) bei der DM am Meer ausgeschalten. Eine Eintagsfliege oder können Riversurfer auch im Meer mit der Elite mithalten?
Frankie habe ich bei der DM nicht geschlagen ; ), aber gegen Rachel konnte ich bereits zwei Mal gewinnen. Das erste Mal bei der DM 2018, da habe ich mir den Juniorinnen Titel geholt und im Jahr 2019 konnte ich mich im Finale in der Kategorie Open Women vor Rachel auf Platz 3 schieben.

Ich bin der Meinung, dass man mit der entsprechenden Förderung auch als Rapid Surfer durchaus schnelle Fortschritte erzielen kann und sich mit der Elite messen könnte. Obwohl das Rapid Surfen schon etwas anderes ist, kann man viele Moves und Bewegungen auf das Surfen am Meer übertragen. Wenn ich da von mir ausgehe, hilft mir das Rapid Surfen schon sehr, da ich bis dato ja nur begrenzte Möglichkeit habe, um am Meer zu trainieren.
Erfolgreich kann man aber nur sein, wenn man den Sport in Vollzeit ausüben kann. Das war bei mir bis jetzt noch nicht der Fall, da ich ja hauptsächlich in die Schule gehe. Ich mache dieses Jahr mein Abitur und habe dann auch die Möglichkeit, mich voll und ganz auf meinen Sport zu konzentrieren. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich das Rapid Surfen entwickelt und welche Möglichkeiten der Sport bieten wird.
Lass uns über Wavepools reden Quirin: der WSL Event In Kellys Ranch hat extrem viel Spott und Häme geerntet. Was kann die WSL hier von der RSL lernen? Wäre ein Cut: 2 Call auch in einem Wavepool denkbar?
Wir warten schon seit Monaten auf einen Anruf der WSL; ist bis jetzt ausgeblieben, ha ha ha. Natürlich wäre das denkbar. Und ich glaube, dass es auch auf ein ähnliches Format hinauslaufen wird. Vor allem, wenn es um High Performance Surfing geht. Ob es jetzt unser Cut: 2 Call ist, sei jetzt mal dahin gestellt, aber wir sind der Ansicht, dass man in dem Moment etwas am Format ändern muss, wenn man Surfer die Unberechenbarkeit des Meeres nimmt.
Es macht für uns, vor allem auf stehenden Wellen überhaupt keinen Sinn ein ISA Wettkampf Format zu surfen. Dauert zu lang, ist schnell langweilig. Vor allem lässt man die Möglichkeiten, die sich einem an Wellen mit immer gleichen Bedingungen geben, vollkommen außer Acht. Die Nähe zum Publikum, die Möglichkeit, dass Surfer mit dem Publikum kommunizieren. In einem Artikel im Wavepool Magazin hat der Chefredakteur die Frage schon mal gestellt, ob die WSL sich nicht mal eine Scheibe bei der RSL abschneiden will, was das Format angeht, ha ha ha.

Eisbach zu, Europas Strände dicht. Was machst du in der surffreien Zeit Janina?
Im Moment bereite ich mich auf mein Abi vor, meine Schule bietet auch ganztags Online-Unterricht an, deshalb bin ich hauptsächlich mit Lernen beschäftigt. Ich versuche mich aber körperlich fit zu halten, zu meinem täglichen Trainingsprogramm gehört Workout, Joggen, Surfskaten und Slacklinen.
Die Franzosen haben gerade in Metz im Zeitraum einer (!) Woche eine surfbare Welle in einen Fluss gezimmert. Wieso fressen ähnliche Projekte In Deutschland oft mehrere Jahre?
Eine tolle Entwicklung, die da gerade in Frankreich passiert. Der große Unterschied in diesem Fall ist, dass sich die Stadt Metz an die Firma Hydrostadium gewandt und
sie mit dem Bau der Welle beauftragt hat. Ganz abgesehen davon, dass Hydrostadium zu EDF (Energy de France) gehört, dem größten Energiekonzern in Frankreich. Bei uns kommen die Initiativen leider noch nicht von den Städten oder Gemeinden, aber ich glaube auch das wird sich irgendwann ändern. Das bedeutet für die Projekte Anträge, Auflagen, etc. Aber wir sehen Licht am Horizont.
The.Riverwave im Salzkammergut hat gestern die Schleusen geöffnet, da kann es jeden Tag losgehen (@rivermates.at), Pforzheim baut, Nürnberg ist ready zu bauen, Hannover auch. Und in Lippstadt wird die Kanustrecke von eben erwähnter Firma Hydrostadium erneuert und in diesem Zuge auch eine Welle gebaut. Hat die Stadt anscheinende einstimmig so entschieden. Am interessantesten finde ich in diesem Fall, dass sich die Firma sowohl mit künstlichen Wellen, es soll eine im Herbst in Lyon eröffnen, als eben auch mit dem Einbau in bestehende Flussläufe beschäftigt.
Vor allem in Hochwasserwellen werden Flusssurfer nach wie vor kriminalisiert. Vergleichsweise ist man am Meer der Boss wenn man sich bei 20 Fuss noch in die Wogen wirft, was sicher gefährlicher ist. Was muss sich bei uns in der öffentlichen Wahrnehmung ändern?
Das ist eine wirklich gute Frage, die alles andere als leicht zu beantworten ist. Wenn man das Meer nimmt, gibt es glaube ich schon mal vorab eine Selektion. Denn wenn es wirklich groß ist, dann kommt ein unerfahrener Surfer gar nicht erst raus, sondern landet recht schnell wieder am Strand. Zudem sind natürlich viele Strände von professionellen Rettungsschwimmern bewacht.
An der Isar gibt es keine Rettungsschwimmer und die Wasserwacht ist nur für Notfälle da, nicht dafür auf Surfer aufzupassen. Jeder, der ein bisschen Mut hat, kann hier ins Wasser springen, auch wenn er kaum surfen kann und keine Ahnung hat wie gefährlich es sein kann. Der Zugang ist einfach und es regt natürlich zur Nachahmung an. Dann fließt die Isar direkt durch die Stadt. Die Stadt München muss dafür sorgen, dass ihre Bürger sicher sind. Und wenn man bei extrem viel Hochwasser surfen geht, dann kann die Stadt diese Sicherheit nicht mehr garantieren und muss durch die Polizei Verbote aussprechen.
Auf der anderen Seite hält dich auch niemand davon ab bei Lawinenstufe 5 im Hochalpinen Gelände eine Tour zu gehen… Aber da ist man halt auch nicht mitten in einer Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern. Nicht einfach das Thema…
Die Tour ist abgesagt, gibt es irgendeinen Ersatz-Event, ein kleines Schmankerl für die Athleten?
Wie schon oben gesagt, wir planen dieses Jahr, wenn es irgendwie möglich ist, auf jeden Fall noch ein Specialty-Event, einfach um zu zeigen, dass wir noch da sind, dass es weitergeht. Wie sagt man so schön auf Denglisch: watch zis space.
Wenn ja, bist du auch dabei Janina?
Auf jeden Fall!

Wo verbringt ihr die Tage der Isolation?
J: Ich bin die ganze Zeit zu Hause im „Münchner Outback“, ich wohne ja noch bei meinen Eltern.
Q: Ich bin mit meiner Frau aufs Land geflüchtet. Hier kann ich mit dem Fahrrad aus der Tür und bin direkt im Wald. Und so halte ich mich auch fit. Mountainbiken und niedere körperliche Arbeiten im Garten, um beim Schwiegervater Punkte zu sammeln, ha ha ha…
Wenn ihr weitere Infos zur Rapid Surf League wollt, findet ihr die hier: https://dev.primesports.de/pure-surfcamps-rapid-surf-league-2019-pid43169/