Janina Zeitler ist die Blaupause eines Surftraums: blonde, sonnengebleichte Haare, symmetrisches Colgate Lächeln und den erfolgreichsten Instagram Account im deutschsprachigen Surfen. Aber Zeitler ist viel mehr als ein schönes Gesicht und tausende IG Follower.
Die gebürtige Münchnerin hat bei deutschen Meisterschaften bereits Surfer vom Format einer Rachel Presti geschlagen, dass das kein Zufall war, hat sie dadurch bestätigt, dass sie die deutschstämmige Amerikanerin bereits mehrfach geschlagen hat. Mittlerweile ist die frischgebackene Abiturieren
Du hast letztes Jahr dein Abitur gemacht, dürfen wir fragen wie du abgeschnitten hast?
Ja, ich habe letztes Jahr im Juni mein Abi bestanden und bin mit meinem Ergebnis sehr happy. Das war ja letztes Jahr nicht so einfach, weil meine Abi Vorbereitung genau in den ersten Lockdown gefallen ist und der Online-Unterricht noch in den Kinderschuhen steckte.
Das Omega Ziel eines jeden Abiturienten ist es wohl, erstmal das Land zu verlassen. Ein bisschen schwierig in Zeiten wie diesen, hast du es trotzdem geschafft, an den einen oder anderen Surf Spot zu kommen?
Anfangs hatte ich ehrlich gesagt schon ein bisschen die Befürchtung, dass es mit dem Reisen und Surfen erst einmal nichts wird, aber dann wurden ja Anfang Juni die Grenzen wieder geöffnet und ich bin Ende Juni, direkt nach meiner letzten schriftlichen Prüfung nach Portugal geflogen, dort habe ich dann auch telefonisch mein Prüfungsergebnis bekommen. Im Juli und August war ich zusammen mit Rosina auf unserem obligatorischen Roadtrip in Frankreich und seit November bin ich jetzt schon auf Fuerteventura.
Janina Zeitler: findet sie den Weg zurück ins Nationalteam?
Wieso hast du dich ausgerechnet für Fuerteventura entschieden? Ist es nicht zu windig dort?
Im Sommer ist es wirklich sehr windig und eher für Windsurfer und Kiter geeignet, aber in den Wintermonaten hat man hier perfekte Trainingsbedingungen. Die besten Wellen findet man dort von Oktober bis April und die Temperaturen sind tagsüber selten unter 20 Grad, deshalb bietet es sich schon an, auf den Kanaren zu überwintern. Eigentlich muss man sich zu dieser Jahreszeit schon sehr lange ins Flugzeug setzen, um gute Surfreviere zu finden. Fuerteventura liegt da, mit einer Flugzeit von 4 ½ Stunden quasi um die Ecke. Für mich ist die Insel das Europäische Hawaii.
Wir können uns noch an diesen kleinen, quirligen Blondschopf vom Eisbach erinnern. Wie alt warst du denn, als du dich das erste Mal in die kalten Fluten im Münchner Zentrum geworfen hast?
Das war im Sommer 2014, da war ich 13 Jahre alt : )
Durch wen bist du das erste Mal auf das Flusssurfen aufmerksam geworden, wer hat dich das erste Mal mit zum Eisbach genommen?
Eigentlich hatte meine Freundin Rosina die Idee, ein Surfboard zu kaufen und wir haben dann im Sommer 2012 zusammen an der Floßlände angefangen. Damals lief gerade der Film Soul Surfer, den ich mir übrigens gefühlte 100-mal angesehen habe. Rosina und ich hatten uns total mit Bethany Hamilton und Alana Blanchard identifiziert und wollten ein bisschen so sein wie sie.
An die große Eisbach Welle bin ich erst zwei Jahre später gegangen, weil das als Anfängerin zu gefährlich gewesen wäre. Ich habe mich ganz klassisch hochgearbeitet: Ein Jahr Floßlände, dann ein weiteres Jahr an die kleine Eisbachwelle, Citywave Surf & Style und schließlich an die große Eisbachwelle. Beim ersten Mal hatte ich mich zur Prime Time am Wochenende mit Rosina, Gerwin von Delight Alliance und Luki Haigermoser verabredet. Die beiden hatten uns alles gezeigt und genau erklärt, worauf wir achten müssen. Allerdings hat es über eine Stunde gedauert, bis ich mich getraut habe, einen Versuch zu starten und da waren die beiden schon gegangen. Zu guter Letzt hat mir Mareen Scholz geholfen und mein Board ins Wasser gelegt. Sie meinte aber, ich sollte es bei zwei Versuchen belassen, damit es keinen Ärger mit den Jungs gibt.

Janina Zeitler: haben es Mädchen leichter am Bach?
Die Eisbachcommunity steht im Ruf relativ, sagen wir mal „ungastlich“ mit Neuankömmlingen umzugehen. Galt das auch für ein junges, blondes Mädel?
Als blondes Mädel hat man da keinen Sonderbonus und natürlich wurde ich mit ziemlichem Argwohn betrachtet. Ich war gerade 13 Jahre alt, ein bisschen schüchtern und musste mich schon überwinden, mit den Jungs in einer Reihe zu stehen. Aber die „Locals“ haben mich dann doch sehr schnell akzeptiert, weil ich die Welle surfen konnte. Nach einiger Zeit haben sie mir dann auch Tipps gegeben und mir geholfen, mich zu verbessern.
Flusssurfen ist deine Kernkompetenz, damit bist du aufgewachsen. Hier dominierst du die Konkurrenz scheinbar nach Belieben. Wer ist hier die stärkste Konkurrentin?
Mittlerweile ist das Niveau bei den Frauen im Allgemeinen sehr hoch, aber am stärksten schätze ich Rosina Neuerer ein. Sie generiert sehr viel Speed auf der Welle, ist technisch unheimlich gut und hat einen extrem schönen Style.
In der Rapid Surf League ist alles andere als ein Sieg von Janina Zeitler eine Überraschung, hier bist du die Richtschnur. Wie viele Jahre wird es dauern, bis Janina Zeitler geschlagen werden kann?
Vielen Dank für das Kompliment. Ehrlich gesagt ist es für mich nicht so einfach, wie es scheint und eigentlich doppelt schwer. Ich bin immer die Gejagte und die Erwartungshaltung der anderen ist sehr groß. Bei einem Wettkampf spielen aber so viele verschiedene Faktoren mit, es kommt darauf an, wie einem eine Welle liegt, wie schnell man sich auf die ungewohnte Welle einstellen kann und wer dem Nervendruck standhält.
Dass du nicht nur am Bach surfen kannst hast du in vielen Deutschen Meisterschaften in Frankreich eindrucksvoll unter Beweis gestellt und unter anderem Konkurrentinnen wie Rachel Presti und Frankie Harrer mehrfach geschlagen, die ihr ganzes Leben am Meer verbracht haben. Wie überrascht warst du selbst?
Frankie habe ich bei der DM nicht geschlagen ; ), aber gegen Rachel konnte ich bereits zwei Mal gewinnen. Das erste Mal bei der DM 2018, da habe ich mir den Juniorinnen Titel geholt und im Jahr 2019 konnte ich mich im Finale in der Kategorie Open Women vor Rachel auf Platz 3 schieben.
Für mich war das schon etwas ganz Besonderes und ich habe mich riesig darüber gefreut. Damals hatte ich ja nur die Möglichkeit, in den Schulferien am Meer zu trainieren und war schon überrascht, dass ich doch das Potential habe, gegen diese starke Konkurrenz zu bestehen.
Du bist trotz beachtlicher Erfolge im Meer surfen nicht mehr Teil des deutschen Nationalteams. Mit welcher Begründung haben sie dir den Laufpass gegeben?
Ich bin seit 2020 nicht mehr im Nationalteam und ehrlich gesagt, kann ich das schon verstehen. Zu dieser Zeit hat mir durch die Schule einfach die Zeit und die Flexibilität gefehlt, um an Wettkämpfen teilzunehmen und entsprechend zu trainieren. Da ist es schon nachvollziehbar, dass im Nationalteam nur Surfer sind, die sich Vollzeit auf den Sport konzentrieren können.
Wirst du jetzt, wo die Schule vorbei ist, nochmal versuchen dich für das Nationalteam zu empfehlen?
Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn ich nochmals die Chance bekommen würde, Teil des Nationalteams zu sein. Ich denke, eine Empfehlung kann nur über Leistung erfolgen und letztendlich liegt es an mir selbst. Ich muss halt einfach mit erfolgreicher Teilnahme an internationalen Wettkämpfen den Beweis antreten, dann kann ich mir vielleicht schon vorstellen, dass der DWV wieder auf mich zukommen würde.

Im deutschen Nationalteam surft mittlerweile kein einziger Surfer mehr, der in Deutschland aufgewachsen ist. Glaubst du, dass sich das mit der Eröffnung von Wavepools ändern wird?
Wavepools sind sicher hilfreich, aber kein Ersatz für das Surfen am Meer. Beim Wettkampf kommt es neben dem Surfen auch auf „Positioning“, „Wellenlesen“ und „Paddeling“ an, leider kann man das im Wavepool nicht trainieren. Ich sehe das auch bei mir, wenn ich auf einer Welle bin, kann ich mittlerweile Moves, die ich in der Jochen Schweizer Arena und am Eisbach andauernd trainiere, problemlos im Meer bringen, aber beim „Positining“ und beim Anpaddeln der Wellen habe ich einfach Schwachstellen. Deshalb hat mir mein langer Aufenthalt hier auf Fuerteventura sehr geholfen, diese Punkte erheblich zu verbessern. Aber ich sehe für Surfer, die in Deutschland wohnen, auf jeden Fall eine Chance. Wir haben auch hierzulande talentierte Surfer, die mit den entsprechenden Trainingsmöglichkeiten international mithalten könnten.
Wen genau hast du da im Kopf?
Natürlich kenne ich nicht die gesamte deutsche Surfszene, deshalb würde ich mich auf den Eisbach und die Rapid Surf League beschränken, da gibt es durchaus ein paar Mädels und Jungs, die das Zeug dazu hätten.
Wir haben Gerüchte vernommen, dass du dich an den QS Stopps versuchen willst. Wird Janina Zeitler die erste deutsche CT Surferin?

Ich habe bereits im Jahr 2018 vereinzelt begonnen, an WSL QS Events teilzunehmen und möchte das künftig definitiv ausbauen. Die CT ist eine große Hausnummer und man muss schon realistisch bleiben. Ich stecke mir da eher kleinere Ziele, die auch machbar sind und den Rest lasse ich auf mich zukommen.
Wirst du auf Fuerte gerade professionell gecoacht?
Ja, ich habe mittlerweile mit einem professionellen Surf Coaching begonnen und trainiere jetzt zwei Mal wöchentlich mit meinem Trainer. Ich denke, dass ist auch sinnvoll, um sich weiter zu verbessern und damit sich keine Fehler einschleichen.
Dürfen wir fragen mit wem du arbeitest?
Ja klar, ich trainiere hier mit Stephane Blanc von CSB Surf Coaching.
Der Fluss verändert seine Wellen nur minimal, die Wellen im Meer variieren von Spot zu Spot extrem. Mit welcher Art von Welle kommst du am besten zurecht?
Am liebsten sind mir größere Wellen, die lange offenbleiben.
Welche Wellen machen dir Angst?
Großen Respekt habe ich von Barrels, wenn sie auf einem trockenen Riff brechen.
Hast du hier eine konkrete Welle im Kopf?
Ich denke da an die Westküste von Irland, die Gegend um Sligo
Was ist die größte Welle die du je gesurft hast?
Das war auf Fuerteventura: Winter Swell in Las Salinas.
Wie groß war es ungefähr?
Ich würde sagen, es waren um die 4 Meter
Surfer wie Flick Palmateer oder Dane Reynolds verdienen ihren Lebensunterhalt als Freesurfer, sie nehmen gar nicht, oder nur sehr ausgewählt an Contests teil. Das Konzept des durch Sponsoren bezahlten Freesurfers gab es für Deutsche Surfer bis Dato noch nicht. Du scheinst jedoch auf einem guten Weg dahin zu sein. Kann Janina Zeitler vom Surfen leben, ohne dass sie an Contests teilnimmt?
Mittlerweile ist das Surfen und der entsprechende Lifestyle für Unternehmen sehr interessant und Social Media nimmt einen immer größeren Stellenwert für Werbezwecke ein. Ich denke schon, dass es zumindest für einen gewissen Zeitraum möglich wäre, vom Freesurfen zu leben. Natürlich dreht sich bei mir schon vieles um Instagram, was auch nötig ist, um die entsprechende Unterstützung zu bekommen. Ich persönlich möchte auf jeden Fall als Athletin und nicht als Influencerin wahrgenommen werden, deshalb ist mir die Teilnahme an Contest auch sehr wichtig.
Deine Sponsorenliste ist mittlerweile länger als die Einkaufsliste einer Großfamilie. Stehen deine Sponsoren auch in Zeiten wie diesen noch zu dir?
Auf jeden Fall und ich bin darüber wirklich sehr dankbar!! Mir ist durchaus bewusst, dass es für viele Unternehmen in diesen Zeiten nicht einfach ist, deshalb freut es mich umso mehr, dass ich in den letzten Monaten VW Nutzfahrzeuge, Silberpfeil Energydrink und SURFINK als weitere namhafte Sponsoren dazu gewinnen konnte.
Und jetzt Hand aufs Herz: wie zur Hölle hast du es geschafft, dir in Corona Zeiten mit SURFINK einen neuen Apparel Sponsor an Land zu ziehen?

Ich freue mich riesig über die Zusammenarbeit mit SURFINK und über die Tatsache, einen Partner an meiner Seite zu haben, der mich als Athletin optimal unterstützt. Bereits bei unserem ersten Kontakt hat einfach die Chemie zwischen uns gestimmt und ich habe mich sofort sehr wohl gefühlt, weil der Umgang miteinander sehr offen und professionell ist und mir die Philosophie des Unternehmens gefällt.
Wie kam der Kontakt zustande und was ist die Philosophie der Schweizer Firma?
SURFINK hatte mich und meinen Weg vor Vertragsangebot wohl schon länger beobachtet und ist schließlich Ende des letzten Jahres auf mich zugekommen. Das Unternehmen legt großen Wert auf Umweltschutz, Nachhaltigkeit und setzt sich für soziale Werte ein, was mir sehr wichtig ist, da ich diese Werte ebenfalls teile. Die Produkte werden in Deutschland produziert und ich bin von der Qualität, dem Beach- und Surfstyle der Bekleidung total begeistert.
Wie sieht deine nahe Zukunftsplanung aus? Konzentrierst du dich weiter voll auf die Surfkarriere oder machst du bald die Jungs in irgendeinem Hörsaal verrückt?
Natürlich wäre es schon ein großer Traum von mir, vom Surfen leben zu können. Ich arbeite wirklich sehr hart daran, aber ich bin auch realistisch. Ich habe jetzt nach der Schule Zeit, um mich voll und ganz auf meinen Sport und den Ausbau meiner Social Media Präsenz zu konzentrieren und lass mich einfach überraschen, wo die Reise hingeht. In einem Hörsaal wird man mich wohl nicht antreffen, da ich mich eher für ein Online-Studium entscheiden werde, damit ich weiterhin die Möglichkeit habe, meine Surfkarriere voran zu treiben.
Wir haben gehört, dass du noch bis April auf den Kanaren bleiben willst. Wo geht es danach hin?
Mein Plan ist es, von Fuerteventura aus direkt nach Portugal zu fliegen, um dort im Mai in Caparica beim WSL QS Event teilzunehmen.
Wenn du dir ein perfektes Utopia aus drei Ländern bauen dürftest, wie würde das aussehen?
Mein Utopia wäre eine Mischung aus Fuerteventura, Costa Rica und München. Mit Vulkanen, Meer, Stand, Palmen, Regenwald, Pura Vida, Eisbach, dem Englischen Garten und den Alpen.
Wenn ihr mehr über Janina oder SURFINK erfahren wollt, dann folgt dem online Pfad.